Genetische Voraussetzungen wirken sich auf COVID-19 aus. So fanden Forscher aus England heraus, dass Alzheimer-Gene das Risiko auf einen schweren Verlauf erhöhen. Wir schauen uns die Studie genauer an.
COVID-19 & Alzheimer: Die Studie
Bereits seit 2006 untersucht die UK Biobank die Gene von mehr als einer halben Million Briten. Nun werteten die Forscher um David Melzer die gesammelten Daten aus. 90.469 der insgesamt 398.073 Teilnehmer europäischer Herkunft zeigten den Genotyp E4 im Apolipoprotein E. Dies entspricht einem Anteil von 28 Prozent. Das Apolipoprotein E spielt eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel. Außerdem gehen die Forscher davon aus, dass das Protein die Funktion des Immunsystems beeinflusst. So haben Träger des Genotyps E4 ein bis 11-fach erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Somit kann E4 als wichtigster genetischer Risikofaktor der Demenzerkrankung beschrieben werden.
Genotyp E4 begünstigt schweren COVID-19-Verlauf
In der Auswertung der UK-Biobank-Daten hatten Menschen mit dem Genotyp E4 im Apolipoprotein E ein deutlich höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Dieser Zusammenhang offenbarte sich unabhängig von einer klinisch vorhandenen Demenz, kardiovaskulären Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes. Menschen mit E 4 Gen, selbst wenn sie (noch) nicht an einer Demenz erkrankt sind, haben also ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Melzer und sein Team stellten einen deutlichen Unterschied im Krankheitsverlauf zwischen Menschen mit Genotyp E 4 und Genotyp E 3 fest. Beim Genotyp E 4 erkrankten bisher 37 Teilnehmer der UK Biobank-Studie an COVID-19. Rechnet man die Zahlen auf 100.000 Personen hoch, beträgt die Prävalenz 410. Im Gegensatz hierzu lag die Fallzahl bei Menschen mit Genotyp E 3 bei 179 von 100.000 Personen. Damit ist die Fallzahl für den Genotyp E 4 deutlich höher als bei dem „normalen“ Genotyp E3.
Schwerer Krankheitsverlauf auch ohne Demenzausbruch
Auffällig bei der Datenanalyse war, dass keiner der 37 Träger des Genotyps E4 bisher an einer Demenz erkrankt war. Dies liegt wahrscheinlich an dem relativ niedrigen Alter der Teilnehmer. Daher können die erhöhten Fallzahlen in dieser Gruppe nicht mit der Gebrechlichkeit von Alzheimer-Patienten erklärt werden. Darum gehen die Forscher davon aus, dass bereits die genetischen Voraussetzungen für eine Alzheimer-Erkrankung einen schweren Krankheitsverlauf begünstigen. Inwieweit die Genetik jedoch das Risiko erhöht, ist bisher noch unklar.
Dennoch stehe fest, dass E4 neben der Lipoproteinfunktion auch in die Funktion der Makrophagen eingreift. Das Gen beeinflusst ebenso die Typ-2-Alveolarzellen. Diese Zellen gehören zu den ersten Angriffszielen des SARS-CoV-2 im menschlichen Körper.
Hinweis: Mit rund zwei Drittel aller Fälle ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form der Demenz. Welche weiteren Varianten der Krankheit noch existieren, lesen Sie in unserem Beitrag.
Erhöhtes Ansteckungsrisiko für COVID-19 bei Menschen mit Alzheimer
Wer Alzheimer hat, leidet mit Fortschreiten der Erkrankung unter anderem an Störungen des Gedächtnisses, der Wahrnehmung sowie der Alltagskompetenz. Da die kognitiven Fähigkeiten abnehmen, erkennen Alzheimer-Patienten oft nicht mehr die Gefahr, die vom Coronavirus ausgeht.
Es fällt ihnen schwer, die aktuelle Situation einzuschätzen und entsprechend zu handeln. So wird das regelmäßige Desinfizieren oder Waschen der Hände sowie das Tragen einer Nase-Mund-Maske zur Herausforderung. Denn Vorsichts- und Hygienemaßnahmen machen für die Erkrankten häufig keinen Sinn. Entsprechend werden die Maßnahmen nicht umgesetzt.
Besonders im fortgeschrittenen Stadium haben Menschen mit Alzheimer oft ein geschwächtes Immunsystem. Daher sterben die Patienten mit Alzheimer und nicht an Alzheimer. Vielmehr sind Infektionskrankheiten die Todesursache. Bei bettlägerigen Patienten sind Lungenentzündungen besonders gravierend. Und genau da wird das Coronavirus aktiv.
Hinweis: Wie Sie Menschen mit Alzheimer oder Demenz und sich als pflegenden Angehörigen vor einer Ansteckung mit COVID-19 schützen können, lesen Sie in unserem Beitrag.