Bekommen auch junge Menschen Demenz?

Vergesslichkeit und Demenz verbinden viele mit dem Alter. Doch auch in jungen Jahren kann das Gedächtnis versagen. Wir haben uns das Risiko einer Erkrankung für 35 bis 50 Jährige angeschaut.

Symptome und medizinische Besonderheiten

Demenzerkrankungen bei jüngeren Menschen treten mit eher untypischen Symptomen auf. So ändern sich im Anfangsstadium das Verhalten und der Umgang mit anderen Menschen. Bei der Frontotemporalen Demenz sind beispielsweise emotionale Verflachung, Antriebslosigkeit und Wesensveränderungen deutliche Anzeichen. Daneben sind Wortfindungsstörungen oder eine Verlangsamung des Sprechens möglich. Auch Schwierigkeiten mit dem Sehen sind seltene Symptome. Die Gedächtnisleistung bleibt hingegen oft unbeeinträchtigt. Da auch das Alter als ein eher unerwarteter Faktor einspielt, wird vor der eigentlichen Diagnose meist ein Burnout oder eine Depression vermutet. Eine umfangreiche Diagnostik durch einen Spezialisten ist daher erforderlich.

Den Fällen gemein ist, dass bei jüngeren Betroffenen deutlich häufiger seltene Demenzkrankheiten festgestellt werden als bei älteren Erkrankten. So tritt im hohen Alter Alzheimer bei bis zu zwei Dritteln der Betroffenen auf, während sich diese Form mit nur etwa einem Drittel bei den jüngeren demenziell Erkrankten zeigt.

Hinweis: Demenz ist nicht gleich Demenz. Die verschiedenen Krankheitsbilder lernen Sie hier kennen.

Diese Demenzformen treten in der jüngeren Altersgruppe auf:

  • Frontotemporalen Degenerationen (FTD): Die FTD ist die häufigste Demenzform bei unter 60-Jährigen. Bei dieser Krankheitsform sterben Gehirnzellen im Stirnhirn (Frontalhirn) und im Schläfenlappen (Temporalhirn).
  • Creutzfeldt-Jakob-Variante
  • durchblutungsbedingte Demenzen
  • Lewy-Körper-Krankheit
  • seltene neurologische Erkrankungen oder Infektionserkrankungen des Gehirns: Bei etwa 10 bis 15 Prozent der Betroffenen sind Gendefekte die Ursache für eine frühzeitige Demenz. Häufig wird eine Mutation des Tau-Proteins als Ursache ausgemacht. Auch zählen eine Reihe seltener genetisch bedingter Stoffwechselstörungen in diese Kategorie: z.B. metachromatische Leukodystrophie, Gaucher’sche Krankheit oder Nasu-Hakola-Erkrankung.
  • erbliche Formen von Demenzerkrankungen

Verbreitung der Demenzerkrankung in jungen Jahren

Zwischen zwei und vier Prozent aller Menschen sind von einer Demenz vor dem 65. Lebensjahr betroffen. Dennoch kann beispielsweise die Frontotemporale Demenz bereits bei 20- bis 30jährigen Menschen auftreten. Jeder 1.000ste entwickelt zwischen 45 bis 65 Jahren eine Demenz. Laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft e.V. sind in Deutschland mehr als 25.000 Menschen unter 65 Jahren von einer Demenz betroffen.

Aufgrund der untypischen Symptomatik werden jedoch viele Fälle nicht als solche erkannt. Daher ist die Datenlage schwierig einzuschätzen. Eine aktuelle Studie von 2019 aus Norwegen geht jedoch von einer Fallzahl zwischen 25.000 und 60.000 aus. Überträgt man diese Daten auf Deutschland, muss die Annahme von 25.000 auf rund 40.000 Krankheitsfälle erhöht werden. Nach einer Schätzung von Alzheimer Europe (2020) sind sogar noch höhere Absolutzahlen realistisch. Die Dachorganisation der nationalen Alzheimer-Verbände beziffert für Deutschland die Gesamtzahl von Menschen mit einem frühen Beginn der Demenz auf 73.297. Davon seien 43.317 der Betroffenen im Alter zwischen 30 und 59, 29.980 im Alter zwischen 60 und 64.

Krankheitsdauer und Mortalität

Demenz ist nicht heilbar. Trotz Behandlung verkürzt die Krankheit die verbleibende, altersübliche Lebenserwartung. Eine zuverlässige Vorhersage zur Krankheitsdauer ist ebenfalls unmöglich. Je später die Erkrankung eintritt und je schwerer die Symptome sowie die körperlichen Begleiterkrankungen sind, desto geringer ist die Überlebenszeit. Europäische Studien gehen von einer mittleren Krankheitsdauer von drei bis sechs Jahren aus. Im Durchschnitt leben die Betroffenen, bei denen die Demenz vor dem 65. Lebensjahr ausbricht, acht bis zehn Jahre. Fallabhängig schwankt die Überlebensdauer jedoch sehr stark. Einige Betroffene leben 20 und mehr Jahre mit der Krankheit.

Seltene Formen wie die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung schreiten oft sehr rasch voran. Diese Formen können innerhalb von Monaten zum Tode führen.

Herausforderungen und Konflikte einer frühen Demenz

Wer früh an einer Demenz erkrankt, steht oft mitten im Berufs- und Privatleben. Kinder leben noch mit im Haushalt und finanzielle Verpflichtungen stehen an. Besonders für die Kinder und die Partner ist es schwierig, die neue Situation zu verstehen und zu akzeptieren. Denn die früh einsetzende Demenz hat tiefgreifende Auswirkungen auf die gemeinsame Lebensplanung. Der demenziell Erkrankte wird zunehmend hilfsbedürftiger und somit abhängiger von seinem Umfeld. Hier ist eine therapeutische Begleitung hilfreich.

Beruflich kann der Betroffene eventuell in einen weniger anspruchsvollen Arbeitsbereich wechseln oder den gewohnten Stundenumfang reduzieren. Auch die Beantragung einer (Früh-)Rente ist möglich. Diese Veränderungen sind jedoch mit finanziellen Einbußen verbunden.

Eine frühzeitige Diagnose birgt trotzdem eine Chance. Jüngere Demenzkranke können meist mehr Ressourcen aktivieren als ältere. Meist sind sie körperlich fitter und mit dem Einsatz moderner Technik vertraut. So können sie beispielsweise Unterstützungsangebote des Smartphones für sich nutzen.

Tipp: Nutzen Sie Unterstützungsangebote wie Beratungsangebote und Demenzschulungen, um sich mit der neuen Situation als Betroffener oder Pflegender auseinanderzusetzen.

Unsere Quellen und weitere Informationen zur Thematik finden Sie unter:
https://www.alzheimer-bw.de/fileadmin/AGBW_Medien/AGBW-Dokumente/Infoblaetter-DAlzG/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg_2020.pdf
https://www.agm-online.de/alz-hilfe-junge.html
https://www.berlin.de/special/gesundheit-und-beauty/gesundheit/ratgeber/3194108-212-alzheimer-auch-junge-menschen-koennen-an.html
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Demenz-mit-Ende-20-233201.html
https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-service/archiv-alzheimer-info/junge-erkrankte-demenz-unter-65-jahren.html
https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/demenz-im-juengeren-lebensalter.html

3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Jens- Otto Fritz
    17. Oktober 2022 21:19

    Hallo ich bin 55 Jahre alt und die Diagnose wurde vor einem Jahr festgestellt. Über Anregungen z.B. über neue Behandlungsmethoden werde ich mich freuen.

    Antworten
  • Thomas Männl
    30. April 2023 13:27

    guten Tag ,
    mein Bruder ist an Demenz erkrankt, die Diagnose wurde 2020 festgestellt da war er gerade mal 52 Jahre. Nachdem ihn seine Ehefrau ihn aufforderte das gemeinsamen Haus zu verlassen( vermutlich war Sie auch mut der Situation überfordert) begann für mich eine extrem schwierige Aufgabe. Wohnungsuche Arztbesuche Termine Behörengänge usw. ja quasie sein ganzes Leben zu organisieren. Nach 3 Jahren dieser schweren Augabe hatte ich einen Reha Aufenthalt für pflegende Angehörige.
    Es galt nun einen Kurzzeitpflegeplatz für meinen Bruder zu organisieren, dies gelang mir dann auch. Leider lief er aus dem Pflegeheim raus und irrte umher bis er dann schließlich von der Polizei aufgegriffen wurde . Darufhin kam er in ein Krankenhaus und wurde erst mal untersucht und mit Medikamenten eingestellt da er mittlerweile auch noch Ich Störungen hatte. Nach ca. 3 Wochen fand das KH dann einen Heimplatz für ältere Menschen, dort fühlte er sich nicht wohl und er wurde fremdaggresiv worufhin er dann wieder ins KH gebracht wurde. Da wurde er erneut mit Medikamenten neu eingestellt. Nach ca. 2 Wochen KH Aufenthalt kam er dann wieder ins Pflgeheim. Er wurde abermals fremdaggresiv und kam zurück ins KH. Die Dosis der Medikament wurde erhöht. Er steht derzeit stakt unter Medikamente das seine Wahrnehnung sehr gering ist, er ist quasie ruhig gestellt. Das KH benennt diese aber aus deren Sicht die Medikamente dienen lediglich zur Entspannung. Aktuell befindet sich mein Bruder noch Im KH wwie es danach weiter geht ist noch ungewiss. Ich hffe und bete für Ihn das er einen würdevolle Platz findet
    Thomas M.

    Antworten

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