Vorlesetherapie: Demenzerkrankte mit Märchen aktivieren

Neun Jahre Forschung beweisen: Auf eine bestimmte Art laut vorgelesene Märchen können auf Demenzerkrankte einen positiven Effekt haben. Wie genau Demenzpatienten durch die Vortragsstimme und die Inhalte der Texte aktiviert werden, zeigt das Projekt „Es war einmal … MÄRCHEN UND DEMENZ“.

„Märchen und Demenz“ – Eine Studie des Bundesfamilienministeriums

Märchen sind für viele Menschen ein zentraler Teil des Lebens. Vom Erzählt-Kriegen und ersten Selber-Lesen der eigenen Kindheit bis hin zum Vorlesen in der Eltern- oder Großelternrolle: Märchen sind an eine Vielzahl von persönlichen Erinnerungen gebunden. Genau hier knüpfte die Initiative „Märchenland“ an, die jährlich mehr als 2.000 Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene durchführt. In der Studie „Es war einmal…MÄRCHEN UND DEMENZ“ erforschte das Team unter Geschäftsführerin Silke Fischer im Auftrag des Bundesfamilienministeriums das Potenzial von Märchen für die Erinnerungsarbeit mit dementen Senioren. Die Ergebnisse zeigen, dass

“professionelles, regelmäßiges und strukturiertes Märchenerzählen Menschen mit Demenz und herausfordernden Verhaltensweisen Wohlbefinden ermöglicht und Verhaltenskompetenzen aktiviert. Ein solches Märchenerzählen ist bedürfnisorientiert, steigert die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und sollte in Pflegeeinrichtungen angeboten werden”.
(Prof. Dr. Ingrid Kollak, Märchen + Demenz + Studie)

Doch damit nicht genug: Die Studie konnte außerdem nachweisen, dass professionelles Vorlesen auch einen positiven Effekt auf das psychische Wohlbefinden des Pflege- und Betreuungspersonals hatte – es handelt sich also um ein Projekt mit zwei Zielgruppen. Auch gemischte Gruppen aus Senioren mit und ohne Demenz profitierten in hohem Maße von regelmäßigen Vorlese-Stunden, was den inklusiven Charakter der Maßnahme zusätzlich betont.

Deutschlandweit im Einsatz: Vorleseschulungen für Pflege- und Betreuungspersonal

Die Studienerkenntnisse wurden deshalb in ein von der Pflegekasse finanziertes Projekt umgewandelt: Deutschlandweit können pro Jahr 250 Senioreneinrichtungen teilnehmen und zudem ihr Pflegepersonal zu professionellen Märchenvorlesern ausbilden lassen. Während des Lockdowns wurde zusätzlich ein digitales Angebot entwickelt, welches in einem Online-Portal Zugriff auf einen Online-Stammtisch, die Mediathek sowie sämtliche Arbeitsmaterialien bietet.

So lesen Sie Demenzpatienten richtig vor

Sie pflegen einen Demenzerkrankten zu Hause? Auch dann kann regelmäßiges Vorlesen einen positiven Effekt auf Verhalten und Wohlbefinden haben. Achten Sie dabei auf Folgendes:

  • Neben Märchen gibt es auch spezielle Vorlesegeschichten für Demenzpatienten, die an deren Bedürfnisse angepasst sind.
  • Beim Vorlesen ist es wichtig, auf genügend Lesepausen und eine niedrige Lesegeschwindigkeit zu achten. So hat der Patient genügend Zeit, die Inhalte zu verarbeiten.
  • Lautes und klares Sprechen sind besonders wichtig.
  • Eine Vorlesezeit von fünf bis maximal zehn Minuten ist angemessen.
  • Idealerweise knüpft ein Gespräch über den Text an das Vorleseritual an. Dabei können auch biografiebezogene Fragen gestellt werden, die beim Patienten Erinnerungen an eigene Erlebnisse wecken.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Ratgeberartikel „Vorlesen für Menschen mit Demenz“

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