Für viele Menschen ist das Auto ein Symbol für Mobilität und Selbstbestimmung. Kein Wunder, dass es vielen älteren Menschen schwerfällt, das Autofahren aufzugeben. Doch im Falle einer Demenzerkrankung kommt irgendwann der Punkt, an dem das einfach nicht mehr möglich ist. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie als Angehörige mit dieser Situation umgehen können.
Einschnitt in den Alltag
Leichter gesagt, als getan. Die Abgabe des Autoschlüssels bzw. des Führerscheins ist für viele ein weitreichender Eingriff in das bisherige Alltagsleben. Auf dem Land ist das eigene Auto oft die einzige Möglichkeit, sich unabhängig vom häufig schlecht ausgebauten öffentlichen Nahverkehr von A nach B zu bewegen. Einkaufen, Freunde und Familie treffen, der Arztbesuch – dies scheint alles nur mit dem eigenen Auto möglich zu sein. Viele der älteren Mitbürger fahren seit Jahrzehnten unfallfrei. Das Aufgeben der Fahrpraxis ist deshalb ein echter Einschnitt in deren Selbstständigkeit. Kein Wunder, dass es vielen schwerfällt, diesen Schritt rechtzeitig zu machen und den Autoschlüssel endgültig an den Nagel zu hängen.
Rechtslage bei Demenz: Das sagen Ärzte und Gesetze
Natürlich kann eine Demenzerkrankung im Straßenverkehr bedeuten, dass der Betroffene zum Risiko für sich und andere wird. Allerdings sind sich Ärzte und auch der Gesetzgeber einig, dass dies noch nicht zwangsläufig für das Anfangsstadium der Krankheit gilt. Eine Demenz entwickelt sich über Jahre hinweg und beginnt meist schleichend. Eine „schwere Altersdemenz und schwere Persönlichkeitsveränderungen durch pathologische Alterungsprozesse“ hat den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge – doch dies bezeichnet ein fortgeschrittenes Stadium der Krankheit. Bereits früher können kognitive Defizite auftreten, die das Autofahren gefährlich werden lassen. Mit fortschreitender Demenz schwinden Denk-, Konzentrations-, Entscheidungs- und Orientierungsvermögen, die Reaktionen verlangsamen sich.
Tests für Demenz im Straßenverkehr
Aktuell existiert kein zuverlässiger Test für die Fahrtüchtigkeit von Demenzkranken. Weder beim Arzt noch im Sinne einer Fahrprüfung kann heutzutage sicher festgestellt werden, ob eine Person noch fahrtüchtig ist oder nicht. So wird der sogenannte Mini-Mental-Status-Test (MMST) in der Praxis häufig angewandt, um kognitive Defizite zu erfassen. Dieser lässt aber nur bedingt Rückschlüsse auf die Fahrtüchtigkeit zu. Experten fordern, dass die Fahrtüchtigkeit mit einem kombinierten Verfahren aus einem Test der kognitiven Fähigkeiten und einem Fahrtest in sicherem Gelände überprüft werden sollte, statt nur aus den Ergebnissen klinischer Tests auf die Fahrfähigkeit zu schließen.
Wer haftet bei einem Unfall?
Laut Statistischem Bundesamt tragen 75 Prozent der Autofahrer in der Altersgruppe der über 75-Jährigen die Hauptschuld, wenn sie in einen Unfall verwickelt sind. Für die Schäden gegenüber Dritten, die beim Fahren entstehen können, haftet normalerweise die Haftpflichtversicherung. Doch in bestimmten Fällen, etwa bei einer nicht angezeigten Demenzerkrankung, kann diese versuchen, das Geld vom Verursacher zurückzufordern. Eine Demenzerkrankung sollte deshalb rechtzeitig der Haftpflichtversicherung gemeldet werden, um Rechtsstreitigkeiten und teuren Ärger zu vermeiden. Wenn Angehörige vom Betreuungsgericht als rechtliche Betreuer der Betroffenen bestellt wurden, haften sie nach § 832 BGB für Schäden, die bei Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Beaufsichtigten entstehen.
Anzeichen eingeschränkter Fahrtüchtigkeit
Was können Sie als Angehörige von Demenzkranken also tun, um die Sicherheit der Betroffenen und der anderen Verkehrsteilnehmer zu wahren? Zunächst einmal sollten Sie auf Anzeichen achten, die auf eine Überforderungssituation hinweisen.
Anzeichen für eine verminderte Leistungsfähigkeit im Verkehr sind:
- Auffälliges Fahrverhalten (deutlich langsameres Fahren als der übrige Verkehr, Orientierung am Mittelstreifen, Schlangenlinien)
- Desorientierung, Verfahren auf bekannten Strecken
- Unentschlossenes Verhalten, langsame Reaktion in kritischen Situationen
- Rückspiegel kaum verwenden, Blinken vergessen, toten Winkel nicht kontrollieren
- Übersehen von Ampeln, Verkehrsschildern und Vorfahrtsregelungen
- Kratzer, Dellen und Blechschäden am Auto.
All dies sind also Anzeichen dafür, dass die Fahrtüchtigkeit eventuell eingeschränkt ist. Sie sollten das Problem deshalb zunächst behutsam ansprechen und dem Betroffenen Ihre Sorgen und Ängste mitteilen. Es geht nicht darum, dem Erkrankten etwas wegzunehmen oder ihn einzusperren, sondern darum, ihn und andere zu schützen.
Alternativen bieten
Natürlich können Sie das Autofahren nicht ersatzlos streichen, denn es handelt sich dabei um einen echten Mobilitätsverlust. Der Alltag des Demenzkranken muss so organisiert werden, dass sie trotz Aufgabe des Autofahrens mobil bleiben. Schulen Sie Ihre Angehörigen in der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, organisieren Sie einen Fahrdienst, zahlen Sie Taxifahrten, nutzen Sie Lieferdienste und ehrenamtliche Helfer, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Hierbei sollte nicht nur die Versorgung mit dem Nötigsten eine Rolle spielen, sondern auch Freizeit und Beschäftigung einbezogen werden.
Wo ist mein Auto?
Suchen Betroffene immer wieder den Weg zum Auto, kann es helfen, dieses außer Sichtweite zu parken. Kleine Ausreden wie „Der Schlüssel ist weg“ oder „Das Auto ist kaputt“ akzeptieren Betroffene häufig besser als ein Verbot. Setzt der Erkrankte sich doch immer wieder hinter das Steuer, können Angehörige das Auto in einen fahruntüchtigen Zustand versetzen, indem sie die Batterie abklemmen.
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