Im Europa des frühen 19. Jahrhunderts waren Krankenhäuser gefährliche, schmutzige Orte und Pflegerinnen dem zeitgenössischen Klischee zufolge alte, arme und alkoholisierte Frauen. Dies änderte sich im Verlauf der Zeit – maßgeblichen Anteil an dieser Veränderung hatte eine Frau, deren Geburtstag am 12. Mai als Internationaler Tag der Pflege begangen wird: Florence Nightingale.
Florence setzt sich durch
Florence Nightingale wurde im Jahr 1820 als Tochter aus besserem Hause geboren – deshalb ist es ungewöhnlich, dass sie sich im Alter von 17 Jahren dazu entschied, Krankenschwester zu werden. Denn dieser Berufsstand war im 19. Jahrhundert verschrien – kein Wunder also, dass Florences Eltern nicht besonders begeistert vom Berufswunsch ihrer Tochter waren. Doch Florence setzte sich schließlich durch: In Kaiserwerth am Rhein lernte sie bei Pastor Theodor Fliedner Medikamentenkunde und Wundpflege, sah bei Operationen zu und kümmerte sich um Schwerkranke und Sterbende. Anschließend arbeitete sie in London in einem Pflegeheim für vornehme Frauen. Ein Auskommen sicherte ihr ihre Arbeit allerdings nicht, ihr Vater musste weiterhin für ihren Lebensunterhalt aufkommen.
Die Schrecken des Krieges
Im Jahr 1854 brach der Krimkrieg aus – in der heutigen Türkei wurden die britischen verwundeten Soldaten in Lazaretten gepflegt. Die Umstände hier waren denkbar schlecht. Die Kriegsinvaliden starben in den Lagern an Krankheiten und vor Kälte. Florence Nightingale wurde mit 38 ihr unterstellten Pflegekräften an den Ort des Geschehens geschickt – und übernahm die Organisation des Krankenlagers, in dem es an allem für die Pflege von Verwundeten nötigen mangelte. Obwohl Nightingale selbst schwer erkrankte, blieb sie bis Ende des Krieges im Lazarett. Die Soldaten, die ihre Pflege genossen hatten, verehrten sie, und so erlangte sie in ihrer Heimat Großbritannien eine gewisse Berühmtheit. Diese nutzte sie nach ihrer Rückkehr, um sich für weitreichende Gesundheitsreformen einzusetzen: Auf Bestreben von Nightingale hin setzte Königin Victoria sogar eine Kommission ein, die die Mängel im britischen Gesundheitswesen beheben sollte.
Erfindung des modernen Pflegewesens
Inhaltlich war Florence Nightingales Ansatz dem der modernen Pflege schon sehr nah. Sie bezog nicht nur den körperlichen Zustand der Patienten mit ein, sondern nahm auch deren Lebensumstände und psychische Verfassung in den Blick. Zudem setzte sie Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen in Krankenhäusern durch, die die Zustände dort deutlich verbesserten.
Auch um die Ausbildung von Nachwuchskräften war die Begründerin der modernen Pflege bemüht: Im Jahr 1860 gründete sie eine Pflegeschule, in der Frauen zu Krankenschwestern und Pflegerinnen ausgebildet wurden – so konnte auch das Berufsbild der Pflegerin langsam sein schmuddeliges Image abwerfen.
Erfolg auf der ganzen Linie
Die ehrgeizige Nightingale hat über 200 Schriften und Bücher zu medizinischen Themen und Pflege veröffentlicht. Und ihre Bemühungen wurden belohnt. Im Jahr 1883 wurde ihr das Royal Red Cross verliehen, im Jahr 1907 der Verdienstorden Order of Merit erstmals an eine Frau vergeben – an Florence Nightingale. Die vielgereiste, vielgeliebte und vielgerühmte Begründerin der modernen Pflege starb im Jahr 1910 im Alter von 90 Jahren.
Die Biografie Florence Nightingales macht deutlich, dass das 19. Jahrhundert nicht nur als Zeitalter der Industriellen Revolution gelten kann. Parallel zu dieser hat auch eine Revolution der Pflege und der medizinischen Versorgung stattgefunden. Zusammen mit weiteren Entwicklungen – etwa der Entdeckung des Penicillins – formte diese Veränderung die Welt, in der wir heute leben: Noch im Jahr 1875 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes nur etwa 35 Jahre, vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs lag sie schon um 10 Jahre höher bei 45 Jahren und heute liegt die Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen bei etwa 78 Jahren. Ohne mutige und standhafte Menschen wie Florence Nightingale wäre ein solcher Fortschritt niemals möglich gewesen. Auch daran soll der Internationale Tag der Pflege erinnern.
Foto: By H. Lenthall, London [Public domain], via Wikimedia Commons
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo. Danke. Dies ist ein sehr guter Artikel!.Ich mag Deine Webseite!
Sehr geehrte Frau Krüger,
Sie haben einen guten Artikel über Florence Nightingale geschrieben- mit großem Interesse habe ich ihn gelesen. Nun jährt sich ihr 200. Geburtstag und vielleicht könnte man nochmals auf diese bedeutende Frau eingehen. Ich habe als ehemalige Kaiserswerther Schülerin über ihr Leben ein Buch verfasst. Falls Sie es interessiert. Es heißt: Katzenjahre der Florence Nightingale und nimmt mal einen anderen Blickwinkel ein. Katze Kate blickt ihr beim Schreiben von Briefen und Tagebüchern über die Schulter.