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Pflegekammern: Nützlich oder überflüssig?

Immer wieder bestimmt das Thema Pflegekammern die öffentliche Debatte. Dabei gibt es viele Befürworter, aber auch lautstarke Kammergegner. Was kann eine Pflegekammer also leisten? Und was spricht gegen sie? Lesen Sie mehr dazu in unserem Ratgeber. 

Was sind Pflegekammern?

Juristisch gesehen sind Berufskammern Körperschaften des öffentlichen Rechts, die die Interessen der Gesellschaft bzw. der Bevölkerung zu deren Wohl stellvertretend für den Staat wahrnehmen. Sie entstehen, indem der Staat einen Teil seiner Regelungsaufgaben einer bestimmten Berufsgruppe überträgt. Praktisch gesehen bedeutet die Schaffung einer Kammer somit die Selbstverwaltung einer Berufsgruppe durch Experten aus den eigenen Reihen.

Eine Pflegekammer wird gegründet, indem sich alle Pflegefachpersonen mit mindestens dreijähriger Ausbildung zusammenschließen. Das oberste Ziel einer Pflegekammer ist die Sicherstellung einer sachgerechten, professionellen Pflege für die Bevölkerung. Wie bei anderen Berufskammern auch ist die Gründung nur auf Länderebene möglich. Berufsangehörige sind zur Mitgliedschaft verpflichtet. Sie werden registriert und zahlen einen jährlichen Mitgliedsbeitrag.

In Deutschland existieren bislang drei Landespflegekammern. Die erste wurde im Jahr 2015 in Rheinland-Pfalz gegründet. Kurz darauf zogen Schleswig-Holstein und Niedersachsen nach, befinden sich aber noch im Aufbau. Im September 2017 wurde die Gründung einer Bundespflegekammer in die Wege geleitet. Diese soll die Landespflegekammern auf Bundesebene vertreten und zentraler Ansprechpartner des Gesetzgebers werden.

Welche Aufgaben erfüllt die Pflegekammer?

Im Fokus der Pflegekammern steht die sichere Qualität der pflegerischen Versorgung der Menschen im jeweiligen Bundesland. Um diese gewährleisten zu können, fallen einer Pflegekammer folgende Aufgaben zu:

  • Registrierung aller beruflich Pflegenden im Interesse einer flächendeckenden Versorgung
  • Schaffung einer einheitlichen Berufsethik und Berufsordnung sowie die Berufsaufsicht
  • Sicherstellen einer beruflichen Fort- und Weiterbildung
  • Abnahme von Prüfungen und Vergabe von Lizenzen
  • Pflegerische Gutachten und Sachverständige
  • Beratung des Gesetzgebers und Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren.

Was spricht für Pflegekammern?

Eines der stärksten Argumente für die Schaffung von Pflegekammern ist die Übertragung hoheitlicher Funktionen. Befürworter betonen, dass die Regulierung des Berufsstandes durch den Staat und zumeist Fachfremde so vermieden wird.

Von der Verkammerung versprechen sich Befürworter zudem eine verstärkte Wahrnehmung des Berufes im öffentlichen und politischen Raum. Dies erhöhe wiederum die Wertschätzung des Berufes und mache pflegerische Expertise in der Politikberatung und Gesetzgebung verfügbar.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Sicherung von Qualitätsstandards in der Pflege. Sei es durch die Schaffung einer einheitlichen Berufsethik, die Festlegung von Zugangsvoraussetzungen, Dauer und Inhalt einer Ausbildung, die Durchführung von Prüfungen durch Experten oder auch die Zertifizierung von Weiterbildungsprogrammen.

In der Erfassung aller beruflich Pflegenden innerhalb einer Organisation sehen Befürworter eine Voraussetzung für eine demokratische Meinungsbildung in den Pflegeberufen. Die Registrierung der Berufsgruppe zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung sei ebenfalls von zunehmender Bedeutung.

Befürworter sehen Pflegekammern außerdem nicht als Konkurrenz für Berufsverbände oder Gewerkschaften. Alle drei hätten unterschiedliche Aufgaben und ergänzen sich.

Was spricht gegen Pflegekammern?

Eines der stärksten Gegenargumente ist die Pflichtmitgliedschaft und die der damit fällige jährliche Mitgliedsbeitrag. Auch der Fort- und Weiterbildungszwang wird kritisch gesehen, da die Kosten hierfür meist auch aus eigener Tasche aufgebracht werden müssen.

Ebenfalls fragwürdig ist, ob Pflegeberufe durch eine Kammer mehr Schlagkraft und Gewicht bekämen. Aufgrund der Gesetzeslage würde es mindestens 16 Regelungen geben. Ob sich alle Berufsangehörige in der politischen Positionierung der Kammer(-mehrheit) wiederfindet, ist die andere Frage.

Laut Kritiker könnten die Aufgaben, die Pflegekammern zugedacht sind, bereits heute durch die entsprechenden Organisationen wie Gewerkschaften, staatliche Behörden und Berufsverbände erfüllt werden. Eine Pflegekammer könnte nichts an den bestehenden Arbeits- und Einkommensbedingungen verändern, aber sie würde die Beschäftigten Geld kosten. Auch der Einfluss auf die Gesetzgebung wird bezweifelt.

Insgesamt sehen Gegner die Pflegekammern als vom Staat kostenpflichtig auf die Berufsgruppe verlagerte interne Verwaltung an. Diese sorge weder für eine höhere Anerkennung der Berufsgruppe, noch für bessere Arbeitsbedingungen oder bessere materielle bzw. personelle Ausstattung.

 

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