Das Pflegestärkungsgesetz II ist als Teil der 2014 von der Bundesregierung verabschiedeten umfangreichen Pflegereform bereits seit 01. Januar 2016 in Kraft; wichtige Bestimmungen aus dem neuen Gesetz wurden allerdings erst zum 01. Januar 2017 wirksam. Wir stellen die wichtigsten Änderungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zusammen.
Wer ist pflegebedürftig?
Kern der Pflegereform ist ein neues Verständnis von Pflegebedürftigkeit: Statt wie bisher den körperlichen Unterstützungsbedarf zu beurteilen, ist ab 01. Januar 2017 der Grad der Selbstständigkeit einer Person Maßstab für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit. Unterschiedlich gewichtet wird, ob die Betroffenen verschiedene Tätigkeiten aus den Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Selbstversorgung, Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte selbstständig ausführen können oder nicht. Die Einteilung findet ab diesem Jahr nicht mehr wie früher in Pflegestufen (bisher: Pflegestufe 0, 1, 2, 3) statt; das System der Pflegestufen wird durch 5 Pflegegrade mit der zugehörigen Beurteilung der Selbstständigkeit ersetzt. Pflegegrad 1 entspricht hierbei einer geringen Beeinträchtigung des Selbstständigkeit, Pflegegrad 5 steht für schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Neu ist auch, dass ab 2017 körperliche und kognitive Beeinträchtigungen gleichberechtigt berücksichtigt werden. Dies soll vor allem dafür sorgen, dass kognitiv eingeschränkte Personen wie etwa Demenzkranke mehr Unterstützung erhalten. Ein Teil der von Demenz betroffenen war bisher in Pflegestufe I eingestuft, was einer eingeschränkten Alltagskompetenz entspricht. Experten gehen davon aus, dass etwa 90 % dieser Personen in Zukunft mindestens Pflegegrad 2 oder 3 zugesprochen werden wird.
Die bisherige Orientierung am Zeitaufwand in der Pflege spielt bei der Pflegegradbestimmung direkt keine Rolle mehr, auch wenn er natürlich ursächlich mit der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen zusammenhängt.
Die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen wird anhand eines modularen Systems eingeschätzt: Die 8 Module beinhalten die Bereiche Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Fähigkeit zur Selbstversorgung, Bewältigung von Krankheits- und therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte sowie außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung (wobei letztere nicht in die Beurteilung eingehen). Mit einer Gewichtung von 40 % ist der Bereich der Fähigkeit zur Selbstversorgung der wichtigste – aus der Begutachtung mit unterschiedlicher Gewichtung der Bereiche ergibt sich ein Punktwert, der schließlich zur Bestimmung des Pflegegrades führt.
Umrechnung der Pflegestufe in Pflegegrade
Grundsätzlich gilt: Niemand soll nach den neuen Regelungen finanziell schlechter gestellt sein als zuvor. Eine Neubeurteilung der Selbstständigkeit ist jedoch in den meisten Fällen, in denen bereits eine Pflegestufe bewilligt wurde, nicht nötig – die bisherige Pflegestufe wird ohne Antrag oder erneute Begutachtung einem Pflegegrad zugeordnet. Für Neuanträge gilt ein neues Beurteilungssystem, das die Selbstständigkeit der Betroffenen in den oben genannten Bereichen unterschiedlich stark gewichtet einbezieht. Hier ((https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegerecht/pflegegrade/#rechner)) finden Sie sowohl einen Umrechner von Pflegestufe in Pflegegrad als auch den Pflegegradrechner, mit dem Sie selbst Ihren persönlichen Pflegegrad vorläufig einschätzen können.
Zur Unterstützung von Betroffenen finden ab dem 01. Januar 2017 zudem regelmäßige Besuche und Beratungen durch Pflegefachkräfte und anerkannte Pflegeberater statt. Zudem muss ein verbindlicher Versorgungsplan erstellt werden, um die Qualität der Pflege langfristig zu sichern. Pflegende Angehörige sind ab 01. Januar außerdem in der Arbeitslosenversicherung versichert, sofern sie einen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 2 pflegen; verpflichtende Schulungen und Kurse für pflegende Angehörige sollen außerdem die Qualität der häuslichen Pflege sichern.