Alzheimer wird häufig erst diagnostiziert, wenn erste sichtbare Anzeichen auftreten. In diesem Stadium ist die Hirnschädigung jedoch schon weit vorangeschritten. Mehrere Forscher haben kürzlich vielversprechende Bluttests vorgestellt, anhand derer sich Risikopatienten schon weit früher identifizieren lassen. Ein Meilenstein in der Demenzfrüherkennung.
Bislang stehen in der Alzheimer-Diagnostik nur teure bildgebende Verfahren wie PET-Scans oder die mit Schmerzen verbundene Entnahme von Rückenmarksflüssigkeit (Liquoranalyse) zur Verfügung. Ein Bluttest stellt daher eine einfachere und kostengünstigere Alternative dar. Aktuelle Forschungsergebnisse geben Hoffnung, dass ein solcher schon bald als Standardverfahren eingesetzt werden könnte.
Übeltäter Beta-Amyloid
Mitverantwortlich für eine Alzheimererkrankung ist das Protein Beta-Amyloid. Falsch gefaltet bildet das Eiweiß Ablagerungen im Gehirn, sogenannte Plaques. In der Folge wird die Verbindung zwischen den einzelnen Nervenzellen gekappt. Nach und nach sterben die Nervenzellen ab. Allerdings kommt es bei Alzheimer schon etwa 15 bis 20 Jahre vor Ausbruch der Krankheit zur Fehlfaltung des Beta-Amyloids. Ein entscheidender Ansatzpunkt für die Früherkennung von Alzheimer.
Bluttest mit hoher Genauigkeit
Ein japanisch-australisches Forscherteam gab im Februar die Validierung eines Serumtests bekannt. Dieser kann eine erhöhte Amyloidbelastung im Gehirn mit einer Genauigkeit von 90 Prozent feststellen. Dabei misst er nicht die Gesamtmenge an Beta-Amyloid, sondern das Konzentrationsverhältnis verschiedener Amyloid-Fragmente zueinander. Diese werden mittels Antikörper gebunden (Immunpräzipitation) und anschließend mittels Massenspektrometrie mengenmäßig bestimmt. Aus den Konzentrationsverhältnissen lässt sich zuverlässig ablesen, ob eine Blutprobe von einem gesunden Menschen stammt, von jemandem mit leichter kognitiver Störung oder von einem Alzheimer-Patienten. Bevor der Bluttest in der klinischen Diagnostik zum Einsatz kommt, kann er sich als außerordentlich nützlich für die Biomarker-basierte Erforschung von Alzheimer-Medikamenten in Frühphasen der Erkrankung erweisen.
Acht Jahre vor der klinischen Diagnose
Im April stellten Forscher der Ruhr-Universität Bochum und des Deutschen Krebsforschungsinstituts ebenfalls einen Bluttest auf Alzheimer vor. Auch hier spielt das Protein Beta-Amyloid eine zentrale Rolle. Die Forscher haben einen Sensor entwickelt, der falsch gefaltete Proteine im Blut misst und Alarm schlägt. Dabei wird das Verhältnis von gesunden und fehlerhaft gefalteten Amyloid-Proteinen mithilfe von Infrarotlicht bestimmt. Die gesunde und kranke Struktur des Proteins absorbieren Infrarotlicht mit einer anderen Frequenz und lassen sich so unterscheiden. In einer Langzeitstudie mit etwa 870 Teilnehmern über einen Zeitraum von 15 Jahren untersuchten die Wissenschaftler, wie zuverlässig der Bluttest funktioniert. In 70 Prozent der Fälle ließ sich die Krankheit acht Jahre früher erkennen noch ehe erste Symptome auftraten. Da das Ergebnis bei einigen Probanden allerdings fälschlicherweise positiv war, ist der Test noch nicht für eine Frühdiagnose geeignet. Zuvor gilt es, die Treffsicherheit zu optimieren.