Ältere Menschen benötigen irgendwann Unterstützung im Alltag. Für viele betreuende Angehörige bedeutet dies eine Belastung: körperlich, emotional und auch finanziell. Welche Pflegegrade existieren und wie Sie finanzielle Unterstützung erhalten, erfahren Sie in unserem Blog.
Ob, körperliche oder geistige Einschränkungen oder gar Krankheit, die Ursachen und somit der Bedarf an Hilfe sind vielfältig. Oft versuchen zunächst die Angehörigen die Betreuung zu stemmen. Professionelle Hilfe bieten ambulante Pflegedienste, Tagespflegen oder eine stationäre Betreuungseinrichtung. Diese entlasten zwar die Angehörigen bei der Pflege, bedeuten jedoch einen finanziellen Aufwand. Damit Sie nicht an der Pflege sparen müssen, unterstützt die Pflegeversicherung die Betroffenen.
2017 wurden die Pflegestufen durch die Pflegegrade abgelöst. Bei den Pflegestufen wurde abgefragt, ob ein Patient rein theoretisch seinen Alltag meistern konnte. Nun regeln die Pflegegrade, welche Leistungen die Pflegeversicherung an die pflegebedürftigen Menschen gewährt. Außerdem steht jetzt die tatsächliche, praktische Kompetenz der Betroffenen im Mittelpunkt. Hierfür wird die Selbständigkeit der Betroffenen hinterfragt: wie meistern die Betroffenen ihren Alltag, die Körperpflege, Mobilität oder Nahrungsaufnahme? Durch den neuen Fokus entfällt die bisher notwendige Einschätzung des zeitlichen Aufwands für die tägliche Pflege.
Voraussetzungen für einen Pflegegrad
Ablauf der Pflegegrad-Einstufung eines Patienten: Zunächst müssen Sie einen Pflegegrad-Antrag bei der Krankenkasse bzw. der Pflegeversicherung stellen. Daraufhin wird ein Gutachter bestellt, der dann die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen bestimmt. Ist der Pflegegutachter bei Ihnen, wird er den Betroffenen in seinem gewohnten Umfeld beobachten. Um die Alltagskompetenz festzustellen, folgt der Gutachter einem fixen System und vergibt für verschiedene Kriterien Punkte. Je weniger Kompetenz der Patienten zeigt, desto mehr Punkte werden in dem entsprechenden Bereich verteilt. Die Summe bestimmt welchen Pflegegrad der Patient zukünftig erhält.
Diese Alltagskompetenzen werden zur Einstufung des Pflegegrades begutachtet:
- Mobilität: Aufstehen, Zubettgehen, Hinsetzen, Gehen, Treppensteigen
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Sprachfähigkeit, räumliche und zeitliche Orientierung, Entscheidungsfähigkeit
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Unruhe, psychische Belastungen, motorisch auffälliges Verhalten
- Selbstversorgung: Körperpflege, An- und Ausziehen, Zubereitung von Mahlzeiten, Nahrungsaufnahme
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Arztbesuche, Einnahme von Medikamenten
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte sowie außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung: Beschäftigungen in der Freizeit, Kontakt zu Familie und Freunden
Punkteübersicht zu den einzelnen Pflegegraden:
- Pflegegrad: 12,5 bis unter 27 Punkte; Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
- Pflegegrad: 27 bis unter 47,5; Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
- Pflegegrad: 47,5 bis unter 70; Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
- Pflegegrad: 70 bis unter 90; Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
- Pflegegrad: 90 bis 100; Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Pflegegrad 1: Das bedeutet der Pflegegrad und so viel steht Ihnen zu
Neu ist der Pflegegrad 1. Diesen Pflegegrad erhalten Personen, die nur unter leichten Einschränkungen leiden. Also Betroffene, die in geringem Maße Unterstützung benötigen, ansonsten jedoch sowohl geistig als auch körperlich noch fit und beweglich sind. Durch den finanziellen Ausgleich sollen Wohnumfeld-verbessernde Maßnahmen oder alltägliche Unterstützungen in geringfügigem Maße realisiert werden: Beispielsweise durch Zuschüsse für einen barrierefreien Umbau der Wohnung, für Pflegeberatung und Pflegehilfsmittel oder für betreutes Wohnen. Durch den Pflegegrad 1 wird gewährleistet, dass Betroffene möglichst lange zu Hause wohnen bleiben können.
Viele Städte bieten Betreuungsgruppen für geringfügig Hilfebedürftige an. Hier können Betroffene Gleichgesinnte treffen und gemeinsam körperlich und geistig aktiv sein.
Achtung: Beim Pflegegrad 1 sind keine Leistungen für die Pflege durch Angehörige oder einen Pflegedienst vorgesehen. Daher besteht kein Anspruch auf Gelder für die Pflege. Sie können jedoch den monatlich ausgezahlten Betrag für derartige Leistungen verwenden, beispielsweise für eine Haushaltshilfe, die die Wohnungsreinigung, Einkäufe, Spaziergänge oder Gespräche übernimmt.
Mögliche Fälle für den Pflegegrad 1:
- motorische Einschränkungen aufgrund einer Wirbelsäulen- oder Gelenkerkrankung
- Restlähmungen nach einem Schlaganfall und Probleme beim Gehen und Stehen
Leistungen des Pflegegrads 1 auf einen Blick:
- Monatliches Pflegegeld: 125 Euro
- Anspruch auf Sonderleistungen, wie Zuschuss auf einen barrierefreien Umbau der Wohnung oder den Kauf von medizinischen Hilfsmitteln oder Pflegehilfsmitteln
- Kostenlose Pflegekurse für betreuende Angehörige
Pflegegrad 2: Das bedeutet der Pflegegrad und so viel steht Ihnen zu
Wer zuvor in Pflegestufe 0 oder 1 eingestuft wurde, erhält nun den Pflegegrad
Mögliche Fälle für den Pflegegrad 2:
- Meist benötigen Patienten mit Pflegegrad 2 zwei bis drei Mal täglich Unterstützung
- Pflegebedürftiger hat Demenz oder eine psychische Erkrankung ohne Pflegestufe
Leistungen des Pflegegrads 2 auf einen Blick:
- Monatliches Pflegegeld: 316 Euro
- Pflegesachleistungen: Anspruch auf monatlich 689 Euro, die z. B. direkt an einen ambulanten Pflegedienst gezahlt werden. Achtung: Bei der Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistungen ist es in der Regel unmöglich, beide Beträge vollständig auszuschöpfen. Das Pflegegeld wird entsprechend angepasst, falls Pflegesachleistungen benötigt werden.
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen: monatlich 125 Euro, bspw. für Besuche einer Betreuungsgruppe, einen Alltagshelfer oder eine Haushaltshilfe
- Kurzzeitpflege: Kurzzeitige Unterbringung in einem Pflegeheim bspw. nach einem Klinikaufenthalt – für bis zu 28 Tage / maximal 1.612 Euro im Jahr
- Verhinderungspflege: Ist der pflegende Angehörige verreist oder verhindert, erhalten Patienten maximal 1.612 Euro pro Jahr für insgesamt bis zu 28 Tage.
- Tages-/Nachtpflege: Zuschuss zur teilstationären Pflege mit bis zu 689 Euro
- Zuschüsse für den barrierefreien Wohnungsumbau, medizinische Hilfs- und Pflegemittel sowie die stationäre Pflege.
Pflegegrad 3: Das bedeutet der Pflegegrad und so viel steht Ihnen zu
Der Pflegegrad 3 entspricht der alten Pflegestufe 1. Hier muss entweder eine eingeschränkte Alltagskompetenz bspw. durch Demenz bescheinigt oder der Pflegebedürftige vorerst in Pflegestufe 2 eingestuft worden sein. Im zweiten Fall sind die Ursachen für die Pflegebedürftigkeit ausschließlich körperlicher Natur. Das bedeutet, dass die Patienten zwar noch geistig fit sind, sich jedoch nur durch Hilfsmittel fortbewegen können.
Mögliche Fälle für den Pflegegrad 3:
- Schwere motorische Beeinträchtigungen: z.B. Teillähmungen von Gliedmaßen, Rückenmarkserkrankungen oder Multiple Sklerose
- Geringe mobile Einschränkung in Kombination mit einer geistigen Behinderung oder einer Demenzerkrankung
Leistungen des Pflegegrads 3 auf einen Blick:
- Pflegegeld: monatlich 545 Euro
- Pflegesachleistungen: monatlich 1.298 Euro, Pflegesachleistungen werden jedoch direkt mit dem betreuenden Pflegedienst verrechnet.
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen: monatlich 125 Euro, bspw. für eine Haushaltshilfe oder den Besuch einer Betreuungseinrichtung
- Nach Antragsstellung: Zuschüsse zur Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, Tages- oder Nachtpflege sowie stationäre Pflege (die Zuzahlungen entsprechen den unter Pflegegrad 2 beschriebenen Geldern)
- Teilstationäre Pflege: bspw. Tages- oder Nachtpflege mit monatlich 1.298 Euro
- Monatliche Zuschüsse für die vollstationäre Pflege sowie Mittel für den barrierefreien Umbau der eigenen Wohnung
Pflegegrad 4: Das bedeutet der Pflegegrad und so viel steht Ihnen zu
Pflegegrad 4 wird als schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit definiert.
Mögliche Fälle für den Pflegegrad 4:
- Die Betroffenen benötigen rund um die Uhr Hilfe
- Patienten ohne kognitive Einschränkungen jedoch mit entsprechenden körperlichen Einschränkungen: bspw. Multiple Sklerose, Lähmung, Betroffene hohen Alters mit einer entsprechenden körperlichen Schwächung
- Körperlich weniger beeinträchtigte Betroffene, die an einer geistigen oder psychischen Erkrankung in einem fortgeschrittenen Stadium leiden: bspw. fortgeschrittene Demenz oder Alzheimer
Leistungen des Pflegegrads 4 auf einen Blick:
- Pflegegeld: monatlich 728 Euro
- Pflegesachleistungen: monatlich 1.612 Euro. Kombination der Pflegevarianten möglich, wenn die Pflegesachleistungen nicht vollständig beansprucht werden: Bis zu 644,80 Euro für weitere Betreuungsleistungen beantragbar.
- Entlastungsbeitrag: monatlich 125 Euro, bspw. für die Teilnahme an Betreuungsgruppen, eine Haushaltshilfe oder einen Alltagsbegleiter
- Leistungen für die Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege sowie die teilstationäre Pflege
- Zuschuss zur Pflege in einem Pflegeheim mit bis zu 1.775 Euro monatlich
- Leistungen bei häuslicher Pflege für die barrierefreie Anpassung des Wohnraums, medizinische Hilfsmittel sowie regelmäßige, kostenlose Beratungs- und Betreuungsbesuche
Pflegegrad 5: Das bedeutet der Pflegegrad und so viel steht Ihnen zu
Patienten, die auf eine Pflege mit außergewöhnlich hohem Pflegeaufwand angewiesen sind, werden in den Pflegegrad 5 eingestuft. Abweichend von den bisherigen Pflegegraden wird hier die Höhe der Versicherungsleistungen unabhängig von einer kognitiven Einschränkung festgelegt.
Mögliche Fälle für den Pflegegrad 5:
- Patienten mit einer deutlichen Pflegebedürftigkeit: Der Patient benötigt rund um die Uhr eine Pflege, die zudem besondere Anforderungen an die pflegenden Personen stellt.
- Grundpflege wie etwa die Körperpflege sowie die Nahrungsaufnahme müssen komplett von der pflegenden Person übernommen werden
- Betroffene benötigen psychosoziale Unterstützung, da sie körperliche und/oder kognitive Aktivitäten nicht mehr selbständig durchführen können.
- Patienten mit fortgeschrittener Demenz- oder Alzheimererkrankung, die auch eine starke körperliche Beeinträchtigung zeigt
Leistungen des Pflegegrads 5 auf einen Blick:
- Pflegegeld: monatlich 901 Euro
- Pflegesachleistungen: monatlich 1.995 Euro. Sie können Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinieren, wenn die Pflegesachleistungen nicht vollständig ausgeschöpft werden. In diesem Fall können Sie maximal 798 Euro monatlich ergänzend beantragen.
- Entlastungsbeitrag: monatlich 125 Euro, bspw. für eine Haushaltshilfe oder einen Alltagsbegleiter
- Kurzzeit- und Verhinderungspflege: 1.612 Euro für bis zu 28 Tage im Jahr
- Zuschuss zur vollstationären Pflege: monatlich 2.005 Euro
- Lebt der Betroffene zu Hause können Sie Leistungen für medizinische Hilfsmittel oder die barrierefreie Anpassung des Wohnraums beantragen
- Anspruch auf kostenlose Beratungs- und Betreuungsbesuche