Die diesjährige Studie der Bertelsmann-Stiftung untersuchte die Zukunft der Langzeitpflege. Wir stellen Ihnen die Ergebnisse vor.
Die Bilanz der Studie lässt sich leicht auf einen Punkt bringen: Die Pflege braucht mehr Akademiker! Zwischen 2007 und 2017 habe der Anteil der Fachkräfte in der Langzeitpflege stetig abgenommen. Während bei den ambulanten Diensten der Anteil der Pflegefachkräfte von 59 auf 50 Prozent sank, fiel der Anteil des ausgebildeten Pflegepersonals in stationären Einrichtungen von 39 auf 35 Prozent. Die Zahl der Pflegebedürftigen pro Pfleger stieg hingegen: Im stationären Sektor von 4,0 auf 4,3, in der ambulanten Pflege sogar von 6,5 auf 7,3.
So kann von einer Deprofessionalisierung der Versorgung gesprochen werden. Außerdem steigen die Anforderungen an die Pflege und somit verändern sich die Aufgaben der Langzeitpflege.
Bislang gibt es nur wenige Pflege-Akademiker
Ende 2017 arbeiteten laut Angaben der Bundesregierung nur insgesamt 1306 Beschäftigte in ambulanten Pflegediensten, die eine akademisch-pflegewissenschaftliche Ausbildung haben. Das sind nur 0,34 Prozent aller Beschäftigten. Hinzu kommt, dass 591 dieser Personen überwiegend in der Pflegedienstleitung tätig sind. Nur 202 Mitarbeiter mit akademischem Hintergrund arbeiten tatsächlich in der körperbezogenen Pflege. Der Anteil der Akademiker in Pflegeheimen ist ebenfalls niedrig: Nur 3444 Personen, also 0,45 Prozent des Kollegiums, haben hier eine pflegewissenschaftliche Ausbildung. 603 Beschäftigte sind in der körperbezogenen Pflege angestellt, 251 in der Betreuung.
Für die Auswertung fehlen jedoch Erkenntnisse über Auszubildende in Pflegeberufen, die ein duales Studium absolviert haben. Außerdem gibt es keine Zahlen über akademisch ausgebildete Pflegepädagogen an Pflegeschulen.
Geänderte Anforderungen der Langzeitpflege
Die durchschnittliche Verweildauer in einem Pflegeheim liegt nur noch bei etwa zwei Jahren. Innerhalb eines Monats stirbt bereits fast jeder Fünfte. Bei immer mehr Bewohnern wird Demenz diagnostiziert. Momentan leiden rund 70 Prozent der Heimbewohner und ambulanten Pflegebedürftigen an dieser Krankheit und sind in ihrer Alltagskompetenz dementsprechend erheblich eingeschränkt. Diese Entwicklung fordert eine entsprechende Anpassung der psychosozialen, gerontopsychiatrischen und medizinisch-pflegerischen Versorgung. Gleichzeitig muss sich auch die Sterbebegleitung an diese Bedürfnisse ausrichten.
Bisher haben sich jedoch die Berufsprofile noch nicht ausreichend dem veränderten Versorgungsbedarf angenähert. Hier ist die Pflege in der Pflicht: Es braucht einen Qualifikationsmix.
Lösung Personalmix
Experten sehen die Lösung in einem gestuften Qualifikationsmodell. Pflegekräfte und Pflegehilfskräfte sollten durch akademisch ausgebildete Kräfte mit Bachelor- oder Masterabschluss unterstützt werden. Dieser Personalmix soll einerseits die Pflegeberufe aufwerten, andererseits soll das akademische Personal erweiterte Aufgaben übernehmen. Mithilfe der Hochschulausbildung eignen sich die akademischen Pflegekräfte wissenschaftsorientierte Kompetenzen an und steigern somit Ihre Reflexions- und Kommunikationsfähigkeit. Das Pflegepersonal kann dann selbständig Steuerungsaufgaben übernehmen. Und auch die direkte Pflege würde qualitativ verbessert.
Seit diesem Januar ist das Pflegeberufegesetz in Kraft und ermöglicht den notwendigen rechtlichen Rahmen für eine hochschulische Ausbildung. Hochschulen und Universitäten müssen nun entsprechende Pflegestudiengänge systematisch auf- und ausbauen, damit sich der Zusammenhang von Qualifikation und Pflegequalität auch zeigt. Der Wissenschaftsrat empfiehlt hierzu einen Akademisierungsanteil von bis zu 20 Prozent. Und das nicht in der Verwaltung, sondern in der Patientenversorgung. Damit die Professionalisierung also nicht nur theoretisch umgesetzt wird und der Verwaltung gut ausgebildetes Personal bringt, benötigen die Studiengänge einen hohen Praxisanteil.