Eine zunehmend alternde Bevölkerung und die rückläufige Verfügbarkeit pflegender Angehöriger wird zukünftig dafür sorgen, dass immer mehr Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden. Damit das Pflegesystem in Deutschland diesen Belastungen standhält, braucht es ausreichend Pflegepersonal und höhere finanzielle Mittel und Investitionen in die Pflege. Angesichts dieser Herausforderungen lohnt sich ein Blick auf die Pflegesysteme anderer Länder: Wie schlagen sich unsere Nachbarn mit solch großen Aufgaben?
Das Pflegesystem in Deutschland
Um den Vergleich zu anderen europäischen Staaten ziehen zu können, ist es wichtig zu wissen, wie das Pflegesystem in Deutschland aufgebaut ist. Die Finanzierung der Pflege erfolgt in Deutschland über die Pflegeversicherung. Die Beiträge zur Pflegeversicherung werden paritätisch vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber getragen. Die enthaltenen Leistungen umfassen häusliche und stationäre Leistungen. Außerdem kann sich die Einzelperson dafür entscheiden, ob sie Sach- oder Geldleistungen in Anspruch nehmen will. Das deutsche Pflegesystem fokussiert sich darauf, dass die Pflege so lange wie möglich von zu Hause aus funktionieren kann. Leistungen, die über die staatliche Unterstützung hinaus gehen, müssen privat getragen werden.
In Deutschland ist der Anspruch auf Pflegeleistungen rechtlich abgesichert und nicht vom Einkommen abhängig. Der Leistungsanbieter kann individuell gewählt werden. Es existiert außerdem ein verpflichtendes Qualitätssicherungssystem. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern und den Beneluxstaaten gibt Deutschland in der gesetzlichen Pflegeversicherung eher wenig für die Pflege aus: 2017 betrug der Anteil der Leistungen für die Altenpflege rund 1,5 % des BIPs.
Schweden: Der nordische Wohlfahrtsstaat
In Schweden liegt die Verantwortung für die Organisation und Finanzierung der Pflege größtenteils auf staatlicher Ebene und nicht bei den Einzelpersonen und ihren Familien. Die Basis des Pflegesystems bildet das sogenannte sozialdemokratische Wohlfahrtsstaatsmodell. Der Staat als Hauptakteur stellt der gesamten Bevölkerung also ein umfassendes Leistungsangebot zur Verfügung: Damit gilt das schwedische Pflegesystem gemessen am Anteil der Pflegeausgaben am BIP als eines der umfangreichsten im europäischen Vergleich (2,7 % im Jahr 2017). Finanziert wird die Pflege zu 95 % aus allgemeinen, nicht zweckgebundenen Steuermitteln und zu 5% aus privaten Finanzierungsanteilen. Ob eine Person Anspruch auf Pflegeleistungen hat, wird unabhängig vom Einkommen entschieden. Den größten Anteil in der Pflege machen Sach- und deutlich weniger Geldleistungen aus. Der Fokus liegt auf der stationären Pflege in Pflegeheimen und weniger auf ambulanten Pflegeleistungen. Die Pflegesysteme in Dänemark und den Niederlanden ähneln dem Schwedens in den meisten Punkten.
Spanien: Der mediterrane Wohlfahrtsstaat
In Spanien greift das mediterrane Wohlfahrtsstaatsmodell. Die Verantwortungen für die Pflege liegen in den Händen der Einzelpersonen und ihren Familien, wodurch der informellen Pflege eine große Bedeutung zukommt. Der Staat wiederum übernimmt nur eine Nebenrolle. Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Anteil privater Zahlungen für die Pflegeleistungen hoch: über 20 % tragen die Einzelpersonen selbst. Die restliche Finanzierung erfolgt über Steuerabgaben. Der Anteil für Pflegeleistungen am BIP liegt mit 0,9% deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 1,3%. Ähnlich gestaltet sich das Gesundheitssystem in Italien. Hier ist die Gewährung von Pflegeleistungen jedoch teilweise einkommensabhängig und hängt von der Ausgestaltung in den autonomen Kommunen und deren finanziellen Möglichkeiten ab.
Polen: Pflege in der Hand der Familie
Noch stärker als in Spanien oder Italien ist das Pflegesystem in Polen auf die Familie ausgerichtet. Nur bei schwerer Pflegebedürftigkeit werden staatlich finanzierte Pflegeangebote gewährt. Abgesehen davon sind Pflegebedürftige auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen. Welche Leistungen im ambulanten und stationären Bereich geleistet werden, ist abhängig vom Einkommen der pflegebedürftigen Person und vom Vorhandensein naher Familienangehöriger.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Guten Tag!
Vielleicht erhält meine Familie in Polen von ihrem eigenen Land.
Meine Tante, 80 Jahre wurde nach schwerer und jahrelanger Diabetes das Bein amputiert. Hinzu kommt noch, dass sie an Demenz erkrankt ist. Ihr Ehemann ist vor einigen Monaten ebenfalls nach schwerer Krankheit zu Hause verstorben und quälte sich zu Hause, da es keinerlei Hilfen gibt, nur für diejenigen die Geld haben. Die Kinder gehen arbeiten und verdienen gerade mal so wenig, dass sie selber überleben können.
Von den Wohnverhältnissen (zu eng und klein) fand zu schweigen. Sie ist ein sehr schwerer Pflegebedürftiger MENSCH und lebt schlimmer wie ein Tier. Ich kann es nicht sehen. Ich lebe hier in Deutschland seid 49 Jahren und arbeite und zahle ein in die Sozialsysteme. Ich kann nicht glauben, dass im Nachbarland so etwas wie Menschenwürde nicht beachtet wird. Es tut mir so weh für meine Tante, bei der ich früher meine Sommerferien verbracht habe und sie sich immer gut um mich und ihre Kinder gekümmert hat.
Ich bin einfach fassungslos. Auch ohne Krieg geht anscheinend einem hilfsbedürftigen Menschen schlecht auf dieser Welt.