Wenn wir gesund sind, wollen wir nicht an Dinge wie Pflegebedürftigkeit oder Behinderung denken, die uns im Alter oder auch plötzlich durch einen Unfall oder eine Krankheit treffen können. Doch liegt im Ernstfall keine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung vor, ernennt das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer.
Ist eine volljährige Person aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst zu erledigen, kann eine rechtliche Betreuung erforderlich sein. Dazu bekommt sie vom Amtsgericht (Abteilung Betreuungsgericht) einen rechtlichen Betreuer zur Seite gestellt. Mit dessen Hilfe soll der Betroffene in der Lage sein, Anträge zu stellen, Geldgeschäfte zu erledigen oder Arzttermine zu vereinbaren.
Wie läuft das Verfahren ab?
Jede Person ist berechtigt, schriftlich eine rechtliche Betreuung anzuregen – auch der Betroffene selbst. Aber auch ein Arzt, der bemerkt, dass sein Patient sich nicht mehr um sich selbst kümmern kann, kann einen Antrag stellen. Ebenso können andere Personen wie z.B die Hausverwaltung, die vom Betroffenen keine Miete mehr erhält, ein Verfahren anregen.
Das Betreuungsgericht entscheidet dann, ob eine tatsächliche Notwendigkeit besteht. Dazu muss das Gericht im Normalfall ein fachärztliches Gutachten einholen. In diesem ist festgehalten, wo genau Betreuungsbedarf besteht. Darüberhinaus machen sich die Richter auch ein Bild vom Umfeld des Betroffenen. Dazu findet eine Anhörung in der Wohnung oder im Pflegeheim statt. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass eine rechtliche Betreuung erforderlich ist, legt es die Aufgabenbereiche des Betreuers fest. Anschließend informiert das Gericht den Betroffenen, den Betreuer und die Betreuungsbehörde über seine Entscheidung. Der Betreuer erhält einen Ausweis zur Legitimation. Die anfallenden Kosten für das Verfahren und die Betreuung muss der Betroffene selbst tragen.
Wer kommt als Betreuer infrage?
Das Gericht wählt den Betreuer nach einer festgelegten Reihenfolge aus. Vorrang hat die Person, die der Betroffene sich selbst beispielsweise in einer Betreuungsverfügung wünscht. An zweiter Stelle stehen Familienangehörige, falls eine Betreuungsverfügung dies nicht ausschließt. Findet sich in der Familie niemand oder lehnen die Vorgeschlagenen die Betreuung ab, rücken andere ehrenamtliche Betreuer nach. Ehrenamtliche Betreuer haben einen Anspruch auf die Erstattung ihrer Sachkosten, die durch die Betreuung entstehen. Letzte Option sind Berufsbetreuer, die jedoch erheblich mehr kosten.
Rechtliche Betreuer sind rechenschaftspflichtig und werden vom Betreuungsgericht beaufsichtigt und kontrolliert. Einmal jährlich müssen sie dem Betreuungsgericht einen Bericht darüber schicken, wie sich die Situation des Betroffenen entwickelt hat. Ist ein Betreuer für die Vermögensverwaltung zuständig, muss auch hier genau nachgewiesen werden, welche Transaktionen stattgefunden haben.
Ehegatten, Lebenspartner und Verwandte bis zum dritten Grad können gegen die Entscheidung der Betreuungsrichter beim Amtsgericht Beschwerde einlegen. Dies kann die grundsätzliche Einsetzung eines Betreuers betreffen, den Umfang der Betreuung oder die Auswahl bestimmter Personen als Betreuer/-in.
Welche Aufgaben übernimmt der Betreuer?
Die Aufgaben eines rechtlichen Betreuers legt das Amtsgericht fest. Die Betreuung darf keine Bevormundung oder Entmündigung sein und nur für Aufgaben erfolgen, die der Betreute selbst nicht mehr ausführen kann. Um die Selbstbestimmtheit des Betroffenen so weit wie möglich zu bewahren, gilt der Grundsatz: So wenig Betreuung wie möglich, so viel wie nötig. Übliche Aufgabenbereiche sind zum Beispiel die Vermögens- oder Gesundheitssorge, die Aufenthaltsbestimmung oder persönliche Angelegenheiten.
Wird dem Betreuer die Vermögensverwaltung übertragen, kümmert dieser sich um die Verwaltung und Überwachung des Vermögens und Einkommens des Betreuten sowie deren Bankgeschäfte. Zudem überwacht er Einnahmen wie Renten oder Sozialleistungen und fordert diese gegebenenfalls ein. Er beantragt Leistungen aus der Pflegekasse, der Krankenkasse, dem Sozialamt und dergleichen und vertritt den Betreuten gegenüber Ämtern, Behörden und Leistungsträgern.
Ist der Betreuer mit der Gesundheitssorge des Betroffenen betraut, muss er alles rund um die persönliche Gesundheit des Betreuten veranlassen. Neben der Veranlassung und Terminvereinbarung für ärztliche Untersuchungen oder andere therapeutische Maßnahmen wie zum Beispiel Krankengymnastik, willigt der Betreuer auch in Operationen ein.
Ist der Betreuer für die Aufenthaltsbestimmung des Betreuten zuständig, kann er eine Aufnahme in ein Pflegeheim veranlassen. Reicht die häusliche Pflege nicht mehr aus, kann der Betreuer auch gegen den Wunsch des Betreuten entscheiden und ihn in ein Heim aufnehmen lassen. Hierzu ist eine richterliche Genehmigung erforderlich.
Ein Betreuer entscheidet im Rahmen seiner zugeteilten Aufgabenbereiche und unter der Beachtung der Wünsche des Betreuten eigenverantwortlich. Bei schwerwiegenden Entscheidungen muss er jedoch eine gerichtliche Genehmigung einholen. Dazu zählen zum Beispiel die Heimeinweisung und Wohnungskündigung, risikoreiche Untersuchungen, schwerwiegende ärztliche Eingriffe oder freiheitsentziehende Maßnahmen.
Erfüllt ein Betreuer seine Pflichten nicht mehr, kann ihn das Gericht auf Antrag des Pflegeheims oder der Angehörigen wieder entlassen.
Wie kann ich versorgen?
Ist der Betreuungsbedarf erst einmal richterlich festgestellt, kann der Betroffene selbst im Nachhinein weder eine Betreuungsverfügung noch eine Vorsorgevollmacht ausstellen, da er in seiner Lage nicht mehr dazu fähig ist, rechtlich für sich zu handeln. Daher ist umso wichtiger, rechtzeitig vorzusorgen.
Der sicherste Weg ist eine Vorsorgevollmacht. Darin wird eine vertraute Person benannt, die als Bevollmächtigter in verschiedenen Bereichen bestimmt wird. Diese kümmert sich im Sinne des Betroffenen um dessen Angelegenheiten, wenn er dies selbst nicht mehr kann. Ein Verfahren zu Einsetzung des des Bevollmächtigten vor Gericht ist nicht erforderlich.
Gibt es niemanden, dem man eine Vollmacht übertragen will oder kann, ist eine Betreuungsverfügung sinnvoll. Darin wird festgelegt, wer im Falle eines Betreuungsverfahrens der Betreuer sein soll und was er in seiner Arbeit beachten soll. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht muss das Betreuungsgericht die Einsetzung des Betreuers genehmigen.
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wie Sie anführen, kann es viele Gründe geben nicht mehr in der Lage zu sein, seine rechtlichen Angelegenheiten selbständig zu erledigen. Ob es eine Behinderung oder eine Krankheit ist, bei Erschwerung dieses Aspekts sollte auch meiner Meinung nach auf die rechtliche Betreeung gesetzt werden bzw. zumindest jene abgewogen werden. Wie Sie weiter ausführen, ist dabei abzustimmen welche Leistungen diese Betreuung genau beinhaltet. Vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ich habe erfahren , dass meine beste Freundin eine Hirnblutung hatte und nach dem Krankenhausaufenthalt in ein Pflegeheim gebracht wurde . Es gibt einen gerichtlichen Betreuer , der niemand an sie ranläßt . Selbst nahe Angehörige wissen nicht ,wo sie sich befindet . Da ich „nur“ eine Freundin bin seit 1974 werde ich sie nun nie wiedersehen . Der Betreuer kann ja gerne über sie verfügen , ich möchte sie doch bloß nochmal wiedersehen . Gibt es dafür ein Gesetz ?
Hallo,
es tut uns leid zu hören, was Ihnen und Ihrer Freundin passiert ist. In solchen Situationen ist es oft schwierig, wenn ein gerichtlicher Betreuer die Kontrolle übernimmt und den Zugang zu einer Person einschränkt. Eine Überlegung könnte sein, sich rechtlicher Rat einzuholen. Suchen Sie sich am besten einen Anwalt, der auf Betreuungsrecht spezialisiert ist. Ein Experte kann Ihnen helfen, die rechtlichen Möglichkeiten zu verstehen und herauszufinden, ob es Wege gibt, den gerichtlichen Betreuer zu kontaktieren oder seine Entscheidungen anzufechten. In einigen Fällen können Sie bei Gericht einen formellen Antrag auf Besuch bei Ihrer Freundin stellen. Ein Anwalt kann Ihnen ebenfalls dabei helfen, diesen Prozess durchzuführen.
Beste Grüße