Für Menschen, die an Demenz erkranken, ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie besonders wichtig. Erinnerungen wachzurufen hilft sowohl den Betroffenen als auch den Pflegenden, die einen Blick hinter den grauen Schleier der Demenz werfen und den Menschen richtig kennenlernen können. Doch was gehört alles zur Biografiearbeit?
Was ist Biografiearbeit?
Unter Biografiearbeit werden Maßnahmen verstanden, mit deren Hilfe sich persönliche Informationen zu einer Person sammeln lassen. Anschließend helfen diese Informationen bei der Pflege und der Zusammenarbeit mit der betroffenen Person. Es handelt sich dabei um Einblicke in die Familien- und Lebensgeschichte sowie Eindrücke aus der Lebenswelt: Die Vorlieben, Gewohnheiten, Wünsche und Abneigungen der Person. Diese Informationen können aus Gesprächen mit den Betroffenen, ihren Angehörigen und Freunden sowie aus Beobachtungen der Menschen im Alltag gewonnen werden.
Mit Biografiearbeit bleibt das Gehirn fit
Durch aktive und regelmäßige Biografiearbeit kann das Fortschreiten der Demenz verzögert werden. Die Zellen im Gehirn arbeiten und Verknüpfungen werden gestärkt, die sonst schneller verloren gegangen wären. Mit den richtigen Anregungen und „Ankern“, die Pflegende von außen geben können, bewahren Betroffene ihre Identität und ihr Selbstbild. Gleichzeitig schulen sie ihre kommunikativen Fähigkeiten, die im Laufe der Erkrankung immer weiter abnehmen.
Auch wenn eine demente Person eine Geschichte schon zahlreiche Male erzählt hat, sollten Pflegende versuchen, weiterhin aktiv zuzuhören. Denn die Demenz sorgt dafür, dass der Betroffene sich nicht daran erinnert diese Erinnerungen schon einmal geteilt zu haben. Die Zurechtweisung von außen kann schnell zu Konflikten führen.
Um Erinnerungen anzuregen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Das gemeinsame Betrachten persönlicher Fotos und Gegenstände aus der Vergangenheit
- Das Abspielen von Musik, die der Betroffene in der Vergangenheit häufig gehört hat
- Gerichte und damit verbundene Gerüche, die aus der Kindheit bekannt sind
- Das Ausprobieren alter Hobbies und Beschäftigungen
Persönliche Biografie: Eine Stütze für Pflegende
In der Pflege kommt die Biografiearbeit schon lange als Methode zum Einsatz, um die Zusammenarbeit von Pflegenden und Menschen mit Demenz zu erleichtern. Denn nicht nur die Betroffenen selbst profitieren von der Rückbesinnung: Für Pflegende ist Biografiearbeit ein Mittel, um ihre Patienten besser kennenzulernen. Sie können auf die Bedürfnisse der Menschen individuell eingehen und entwickeln ein Verständnis für ihre Handlungen. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn sich Betroffene im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung nicht mehr klar artikulieren können.
Die unschönen Erinnerungen gehören auch dazu
Natürlich ist das Leben eines Menschen nicht nur von positiven Erlebnissen geprägt. Auch schmerzhafte Erinnerungen gehören zu einer Biografie dazu. Hier ist Feingefühl gefragt: Erlebnisse, über die der Betroffene nur ungern spricht und bei denen er sich unwohl fühlt, sollten zukünftig bei der Biografiearbeit vermieden werden.
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